Veränderungen von Beckenringfrakturen in Bezug auf Epidemiologie, Diagnostik und Therapie : Eine Verlaufsbeobachtung von 10 Jahren im Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Erstveröffentlichung
2023-05-30Authors
Sterneder, Christian Manuel
Referee
Lang, PatriciaSchütze, Konrad
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
Bundeswehrkrankenhaus Ulm (BWK)UKU. Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie
Abstract
Ziel unserer retrospektiven Studie war es, Veränderungen in der Epidemiologie, Diagnostik und Therapie von Beckenringfrakturen am Bundeswehrkrankenhaus Ulm in den Jahren 2008 bis 2017 darzustellen. Wir konnten zeigen, dass sich die Epidemiologie, Diagnostik und Therapie von Beckenringfrakturen im Zeitraum von 2008 bis 2017 an einem überregionalen TraumaZentrum® und Krankenhaus der Maximalversorgung sowohl bei Patienten nach inadäquatem Beckentrauma mit einer Fragilitätsfraktur des Beckenrings (FFP) als auch bei Patienten nach adäquatem Beckentrauma verändert hat. Bei Patienten mit einer Beckenringfraktur nach adäquatem Trauma zeigt sich epidemiologisch die Beckenringfraktur in den letzten Jahren offenbar immer weniger als Fraktur des polytraumatisierten Patienten. Dies spiegelt sich auch mit einem abnehmenden Anteil der intensivpflichtigen Patienten und einer Reduktion der Gesamtliegedauer der Patienten in der Therapie wider. In Bezug auf die Diagnostik hat sich mit der bestehenden S3-Leitlinie Polytraumaversorgung keine wesentliche Veränderung gezeigt. Eine vermehrte additive Diagnostik mittels Magnetresonanztomografie (MRT) zur Diagnose von Begleitverletzungen war allerdings festzustellen.
Bei Patienten mit einer FFP nach inadäquatem Beckentrauma konnte diese Studie epidemiologisch eine Zunahme der Insuffizienzfrakturen ohne erinnerliches Trauma feststellen. Diagnostisch zeigte sich eine Veränderung in der initial verwendeten Bildgebung. Diese hat sich mit einem Wandel hin zur additiven Verwendung von MRT und Dual Energy CT (DECT) der herausfordernden Diagnostik der Fragilitätsfrakturen angepasst. Therapeutisch zeigte sich zudem bei Patienten mit FFP nach inadäquatem Beckentrauma über den Studienzeitraum eine vermehrte operative Versorgung und eine Zunahme der Liegedauer. Der Anstieg der Liegedauer kann zum einen durch die verzögerte ödemsensitive Diagnostik mit zunehmender MRT/ DECT-Verwendung bedingt sein, und andererseits hat die festgestellte vermehrte operative Versorgung der FFP zu einer Verlängerung des stationären Aufenthalts beigetragen. Aufgrund des festgestellten Anstiegs der Insuffizienzfrakturen ohne erinnerliches Trauma führten wir eine Subgruppenanalyse mit diesen Patienten durch, mit dem Ziel Insuffizienzfrakturen zu charakterisieren und mit den Frakturen nach niedrigenergetischem Trauma zu vergleichen. Wir konnten hier zeigen, dass die Insuffizienzfraktur des Beckenrings fast ausnahmslos bei weiblichen Patienten und nicht nur bei sehr alten Patienten auftritt. Eine Osteoporose ist bei diesen Patienten tendenziell ausgeprägter als bei Patienten mit Beckenringfraktur nach niedrigenergetischem Trauma und ist vermutlich ausschlaggebend für die Entstehung der Insuffizienzfraktur. Aufgrund dessen sollte insbesondere bei der Insuffizienzfraktur der Fokus auf die Diagnostik und adäquate Therapie der Osteoporose gerichtet werden. Vor dem Hintergrund der herausfordernden Diagnostik bei dieser Frakturentität zeigt sich eine zunehmende Verwendung der Ödem-sensitiven bildgebenden Verfahren MRT und DECT. Die Frakturmorphologie war dadurch gekennzeichnet, dass auch die Insuffizienzfrakturen höhere Frakturschweregrade nach FFP herbeiführen können. In Bezug auf die Therapie der Insuffizienzfraktur war eine vermehrte operative Therapie festzustellen. Um hier eine höhere Stabilität zu erzielen, besteht bei der operativen Versorgung die Tendenz zur Verwendung von kombinierten Osteosyntheseverfahren.
Des Weiteren führten wir wegen der beobachteten diagnostischen und therapeutischen Veränderungen (Wandel hin zur ödemsensitive Bildgebung und vermehrte operative Versorgung) bei Patienten mit FFP eine weitere Subgruppenanalyse durch. Ziel dieser war die Evaluation von Veränderung der verwendeten Diagnostika und des daraus abgeleiteten therapeutischen Regimes innerhalb der Patientengruppe mit FFP. Wir konnten hier zeigen, dass die Wahl des verwendeten diagnostischen Verfahrens bei FFP offenbar die Therapieentscheidung beeinflusst. Ein möglicher Grund dafür ist, dass in Folge der Verwendung ödemsensitiven Diagnostik (MRT/DECT) eine Graduierung zu schwereren Frakturtypen nach FFP stattgefunden hat. Diese Graduierung hin zu schwereren Frakturformen infolge einer ödemsensitiven Diagnostik mit der damit verbundenen korrekten Darstellung des Verletzungsausmaßes und dem dadurch besseren Verständnis für die Verletzung hat offensichtlich eine Tendenz zu einer vermehrten operativen Therapie bewirkt. Zusätzliche prospektive klinische Untersuchungen müssen den Vorteil einer operativen Versorgung von FFP noch nachweisen. Schließlich sprechen wir uns ausgehend von unseren Studienergebnissen dafür aus, dass in Zukunft Ödem-sensitive Diagnostika (MRT/DECT), welche Einfluss auf Fraktureinteilung und Therapieregime haben, bei gebräuchlichen Frakturklassifikationen beachtet werden.
Date created
2021
Subject headings
[GND]: Beckenringbruch[MeSH]: Pelvic bones; Injuries | Fractures, Bone; Epidemiology | Fractures, Bone; Diagnosis | Fractures, Bone; Therapy
[Free subject headings]: Fragilitätsfrakturen des Beckenrings | Fragility Fractures of the Pelvis | FFP | Insuffizienzfrakturen | MRI | Beckenringfraktur
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-48845
Sterneder, Christian Manuel (2023): Veränderungen von Beckenringfrakturen in Bezug auf Epidemiologie, Diagnostik und Therapie : Eine Verlaufsbeobachtung von 10 Jahren im Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-48845
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