Die Maßnahme gem. § 22 StGB : Entwöhnungsbehandlung im österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug, eine Evaluierung

Erstveröffentlichung
2018-09-25Authors
Hellmair, Christina
Referee
Ross, ThomasDudeck, Manuela
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für Psychosomatische Medizin und PsychotherapieUKU. Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
Abstract
Die Maßnahme für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher stand seit ihrer Einführung 1975 in der Kritik; als Begründung für die seit jeher niedrigen Fallzahlen wird die fehlende Sinnhaftigkeit genannt. Untersucht wurde die Effektivität der Maßnahme indes kaum. Die vorliegende Untersuchung setzte sich zur Aufgabe, die Einweisungen genauer zur beleuchten und lehnt sich dabei an zahlreiche Forschungsarbeiten zur Maßregel gem. § 64 dStGB an, die als Pendant zum österreichischen § 22 StGB gesehen werden kann.
Untersucht wurden Urteile, Einweisungsgutachten, Beschlüsse zur bedingten Entlassung sowie Strafregisterauszüge aller zwischen 1999 und 2015 Untergebrachten. Die Untersuchungsstichprobe wurde zudem mit einer Vergleichsstichprobe von gem. § 64 dStGB Untergebrachten aus Baden-Württemberg und einer Gruppe von Strafgefangenen, die im österreichischen Strafvollzug eine freiwillige Entwöhnungsbehandlung gem. § 68a StVG absolvierten, verglichen.
Es wurden teils aussagekräftige Unterschiede zwischen Alkohol- und Drogen- bzw. polytox Abhängigen berechnet. Auch in den Unterbringungen der verschiedenen vollziehenden Justizanstalten ergaben sich regionale Unterschiede, welche vorrangig auf die spezifischen Behandlungsschwerpunkte zurückzuführen sind. Die Untergebrachten gem. § 22 StGB unterscheiden sich von den beiden Vergleichsstichproben dadurch, dass sie die geringsten Freiheitsstrafen, die kürzeste Behandlungsdauer und das höchste Alter bei ihrer ersten Verurteilung haben; außerdem wurden sie zu einem großen Anteil wegen Eigentumsdelikten ohne Gewalt verurteilt. Als Risikofaktoren für eine mögliche Wiederverurteilung kristallisierten sich bei der Untersuchungsstichprobe jüngeres Alter sowie das Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses zum Zeitpunkt der Verurteilung gem. § 22 StGB und die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung heraus.
Was die gängigsten Aspekte eine Delinquenzentwicklung betrifft, könnten die Untergebrachten der deutschen Vergleichsstichprobe als „krimineller“ bezeichnet werden. Nach untersuchten Merkmalen in Bezug auf Suchtmittelabhängigkeit erscheinen die Untergebrachten aus der Untersuchungsstichprobe zudem nicht pathologischer als die Strafgefangenen der Vergleichsgruppe gem. § 68a StVG.
Mit einer Abbruchquote von „lediglich“ 43% liegen die österreichischen entwöhnungsbedürftigen Untergebrachten (§ 22 StGB) unter den Zahlen, die aus dem deutschen Maßregelvollzug gem. § 64 dStGB bekannt sind; die Wiederverurteilungszahlen von 66% jedoch deutlich über den deutschen Zahlen. Die Deliktrückfälligkeit scheint jedoch in keinem Zusammenhang mit dem Therapieverlauf zu stehen.
Es ist daher davon auszugehen, dass einerseits der Strafvollzug als Risikoumgebung den langfristigen Erfolg einer Entwöhnungsbehandlung schmälert. Andererseits führt besonders der Zeitraum nach der Entlassung dazu, dass Resozialisierung bzw. Reintegration nur teilweise gelingt und dann alte Verhaltens- und Delinquenzmuster reaktiviert werden.
Date created
2017
Subject headings
[GND]: Entwöhnung | Strafvollzug | Beschaffungskriminalität | Zwangsbehandlung | Maßregelvollzug | Strafgesetzbuch | Resozialisierung[LCSH]: Criminals; Rehabilitation; Austria
[MeSH]: Substance abuse, Oral; Rehabilitation | Substance abuse, Intravenous; Rehabilitation | Involuntary treatment; Legislation and jurisprudence; Austria
[Free subject headings]: Maßnahme gem. § 22 StGB | Maßnahmenvollzug | Entwöhnungsbehandlung | § 64 StGB | § 68a StVG
[DDC subject group]: DDC 340 / Law | DDC 610 / Medicine & health
Metadata
Show full item recordDOI & citation
Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9919
Hellmair, Christina (2018): Die Maßnahme gem. § 22 StGB : Entwöhnungsbehandlung im österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug, eine Evaluierung. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9919
Citation formatter >