Psychopharmakologische Behandlung von Patienten mit Schizophrenie : Unterschiede zwischen der allgemeinen und forensischen Psychiatrie

Erstveröffentlichung
2018-08-27Authors
Rees, Felix
Referee
Dudeck, ManuelaFreyberger, Harald
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für Forensische Psychiatrie und PsychotherapieAbstract
Patienten mit der Diagnose einer Schizophrenie können sowohl allgemeinpsychiatrisch als auch forensisch-psychiatrisch therapiert werden. Die Psychopharmakologie stellt in der Behandlung schizophrener Patienten einen enorm wichtigen Bestandteil dar. Das Ziel der Behandlung in der Allgemeinpsychiatrie, nämlich die reine Symptomreduktion, unterscheidet sich teilweise von der forensischen Psychiatrie, deren Fokus außerdem auf dem Abbau aggressiver Verhaltensweisen und der Sicherung der medikamentösen Compliance liegt. Dies ist wichtig für die forensische Psychiatrie um ihrer Aufgabe zur Therapie und Sicherung der Patienten gerecht zu werden. Ziel unseres Projekts war es diese Unterschiede zu untersuchen und zu beleuchten. Ferner wurden neurologische sowie metabolische Nebenwirkungen erfasst. Außerdem wurden soziodemographische Daten der Patienten abgefragt, und psychopathologische Tests durchgeführt.
Hypothetisch konnte angenommen werden, dass bei forensisch-psychiatrischen Patienten eine intensivere psychopharmakologische Therapie zum Einsatz kommt als bei allgemeinpsychiatrischen Patienten. Im Einzelnen war mit höheren Chlorpromazinäquivalenten, mit vermehrtem Einsatz von Neuroleptika der ersten Generation, vermehrt polypharmazeutischen Therapieschemata und häufigerer Depotapplikation beim forensisch-psychiatrischen Kollektiv zu rechnen.
Die Kollektive unterschieden sich nicht signifikant bezüglich Alter, Familienstand, Bildung, Beruf, Dauer der Erkrankung und Zeitpunkt der Ersthospitalisierung.
Die soziodemographischen Daten wurden mit Hilfe eines selbst erstellten Bogens erhoben. Zur Erhebung der neurologischen Nebenwirkungen wurden die Skalen: „Extrapyramidal Symptom Scale“ (EPS), „Barnes Akathisia Scale“ (BAS) und „Abnormal Involuntary Movement Scale“ (AIMS) verwendet.
Zusätzlich wurden zur Erfassung der Psychopathologie „Positive und Negative Syndrom Scale“ (PANSS), „Brief Psychiatric Rating Scale“ (BPRS) und „Diagnostische Kriterien des Defizit-Syndroms der Schizophrenie“ (DSS) angewandt. Das Funktionsniveau wurde mit der „Global Assessment Scale“ (GAS) erhoben. Um die tatsächliche Stärke der Neuroleptika Dosen vergleichen zu können wurden Äquivalenzdosen bestimmt (Chlorpromazinäquivalente und Olanzapinäquivalente). Psychopathologisch ergaben sich unter anderem signifikant höhere Werte in den Bereichen Größenideen und Feindseligkeit auf Seiten des forensisch-psychiatrischen Kollektivs. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass in unserer Studie in den Familien forensisch-psychiatrischer Patienten häufiger Schizophrenien vorkamen als im allgemeinpsychiatrischen Kollektiv. Unsere Hypothesen bezüglich der intensiveren antipsychotischen Therapie bei forensisch-psychiatrischen Patienten wurden nicht bestätigt. Bei Patienten in den allgemeinpsychiatrischen Einrichtungen unserer Studie kam Polypharmazie sowohl unter Betrachtung aller Medikamente als auch unter strenger Betrachtung der Psychopharmaka häufiger vor. Ferner bekamen allgemeinpsychiatrische Patienten signifikant häufiger orale Erstgenerationsneuroleptika und Benzodiazepine verordnet. Die Chlorpromazinäquivalente der forensisch-psychiatrischen Patienten waren bezüglich der oralen und der gesamten antipsychotischen Medikation sogar kleiner als im allgemeinpsychiatrischen Kollektiv. Betrachtet man die Depotmedikation so ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Besonders hervorzuheben ist außerdem, dass es beim BMI (Body Mass Index) im Verlauf des Aufenthaltes soweit beurteilbar im Mittel bei beiden Kollektiven zu keiner Zunahme kam. Der ebenfalls erhobene Hüftumfang stuft jedoch beide Kollektive im Mittelwert als prädadipös ein.
Trotz der vorhandenen Limitationen, wie beispielsweise die relativ kleine Patientenzahl, gibt unsere Erhebung Hinweise darauf, dass die anzunehmende intensivere, vielleicht zu intensive, medikamentöse Therapie im Maßregelvollzug in unserem Fall nicht vorhanden war. Außerdem zeigt unsere Studie, dass Neuroleptika der ersten Generation und antipsychotische Polypharmazie im klinischen Alltag keine Seltenheit sind. Ferner bestärkt unsere Studie die Notwendigkeit der suffizienten Beobachtung und Behandlung insbesondere metabolischer Nebenwirkungen von antipsychotischer Therapie. Sie weist außerdem darauf hin, dass unter Umständen eine positive Familienanamnese ein Risikofaktor für eine kriminelle Entwicklung bei schizophrenen Patienten sein könnte. Weitere Forschung mit beispielsweise größeren Kollektiven oder auch Patientinnen mit Schizophrenie sollte unserer Studie folgen, um die Ergebnisse zu erhärten.
Date created
2017
Subject headings
[GND]: Gerichtliche Psychiatrie | Psychopharmakotherapie | Schizophrenie[MeSH]: Forensic psychiatry | Schizophrenia; Drug therapy
[Free subject headings]: Forensische Psychiatrie | Psychopharmakologische Behandlung
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
Show full item recordDOI & citation
Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9289
Rees, Felix (2018): Psychopharmakologische Behandlung von Patienten mit Schizophrenie : Unterschiede zwischen der allgemeinen und forensischen Psychiatrie. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9289
Citation formatter >