Synthese und Charakterisierung hybrider Hydrogele für die Geweberekonstruktion

Erstveröffentlichung
2018-08-24Authors
Baumann, Bernhard Harry
Referee
Lindén, MikaStreb, Carsten
Dissertation
Faculties
Fakultät für NaturwissenschaftenInstitutions
Institut für Anorganische Chemie II (Synthese und Charakterisierung anorganischer Materialien)Institut für Anorganische Chemie I (Materialien und Katalyse)
Abstract
Im Bereich der Geweberekonstruktion ist es notwendig neue Materialien zu entwickeln, welche eine lokale sowie zeitlich gestaffelte Freisetzung von benötigten Wirkstoffen ermöglichen. Auf diese Weise sollen potentielle Nebenwirkungen reduziert und eine Kontrolle über die Entwicklung von Zellen generiert werden, um eine gezielte Herstellung neuen Gewebes zu gewährleisten. Mesoporöse Silikananopartikel (MSN) sind auf Grund ihrer Eigenschaften, zu denen eine große innere Oberfläche, Biokompatibilität, Bioabbaubarkeit und eine einfache Zugänglichkeit zu Oberflächenfunktionalisierungsmöglichkeiten gehören, vielversprechende Kandidaten für den Einsatz als partikuläre Transportsysteme der verwendeten Wirkstoffe. Durch Variation der Form, Größe und Oberflächenbeschaffenheit kann die Interaktion dieser Partikel mit entsprechenden Wirkstoffen, Zellen sowie umgebenden Netzwerkkomponenten gezielt gesteuert werden, um so eine aktive und kontrollierte Zellaufnahme der MSN zu ermöglichen. Aus diesen Gründen beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Herstellung neuartiger hybrider Hydrogelsysteme für die Geweberekonstruktion, welche durch Kombination mit unterschiedlichen MSN erzeugt wurden. Die Synthese der mesoporösen Silikananopartikel erfolgte durch eine Kombination aus Endo-Templatverfahren und Sol-Gel-Prozess. Durch Variation einzelner Syntheseparameter konnten MSN unterschiedlicher Größe und Morphologie synthetisiert werden. Bei den durchgeführten Synthesen war es durch Variation der verwendeten Organoalkoxysilane möglich, MSN unterschiedlicher Oberflächenladung zu erzeugen. Durch weiterführende Kupplungsreaktionen konnten abschließend weitere Polysaccharide (Glucosederivate und Hyaluronsäure) auf die Oberfläche dieser unterschiedlich geladenen MSN angebunden werden. Auf diese Weise wurde eine Bibliothek aus 28 unterschiedlichen Partikeln für eine spätere Evaluation für die Eignung der Verwendung dieser Partikel in hybriden Hydrogelnetzwerken synthetisiert. Zur Untersuchung neuartiger, partikelhaltiger hybrider Hydrogele wurden zwei unterschiedliche Systeme, mit dem Ziel einer lokalen Applikation sowie der gestaffelten zellulären Aufnahme der eingebrachten MSN, untersucht. Dabei handelte es sich zum einen um ein peptidbasiertes injizierbares System und zum anderen um ein 3D-druckbares System.
Die Herstellung einer injizierbaren hybriden Hydrogelformulierung erfolgte hierbei durch die Kombination eines selbstassemblierenden Peptids (RADA16-I) mit unterschiedlich oberflächenfunktionalisierten MSN. Die Gelierung von RADA16-I wurde durch die Anwesenheit monovalenter Ionen induziert, weshalb an dieser Stelle von einem injizierbaren Hydrogel gesprochen werden kann. Durch rheologische Messungen konnte zunächst bestätigt werden, dass beigemischte MSN keinen Einfluss auf das scherverdünnende Verhalten der Lösung hatten, weshalb es sich weiterhin um injizierbare Systeme handelt. Das Ziel einer, für die Geweberekonstruktion angestrebten, lokalen Applikation konnte daher mit diesem hybriden System realisiert werden. Nach Injektion in ein Zellkulturmedium und einer daraus resultierenden Ausbildung des Hydrogelnetzwerks konnte, unabhängig der gewählten Oberflächenfunktionalisierung, mittels elektronenmikroskopischer Methoden eine homogene Verteilung der eingebrachten MSN visualisiert werden. Ebenfalls war es möglich, MC3T3-E1 Knochenvorläuferzellen der Hydrogelformulierung beizumischen, dabei konnte ein dreidimensionales Wachstum dieser Zellen sowie eine zelluläre Aufnahme von MSN innerhalb des Peptidnetzwerks realisiert werden. Die angestrebte aktive Aufnahme von eingebrachten MSN durch Zellen in eine 3D Zellkultur konnte somit in dieser Arbeit ebenfalls erfolgreich gezeigt werden. Des Weiteren wurde die Wechselwirkung mit umgebenden Peptiden als bedeutenden Einflussfaktor für die zelluläre Aufnahme von MSN identifiziert. So konnte, durch eine Variation der Wechselwirkung zwischen unterschiedlich funktionalisierten und geformten Partikeln mit dem umgebenden Peptid, die Ausbildung einer Peptid-Corona gesteuert und in Folge dessen die zelluläre Aufnahme beeinflusst werden. Jedoch war es trotz dieser variierten zellulären Aufnahme nicht möglich, eine verzögerte Aufnahme von Partikeln, welche im Rahmen der Geweberekonstruktion für einen kontrollierten und gestaffelten Transport von Wirkstoffen notwendig wäre, zu erreichen. Um dieses noch nicht gelöste Problem zu bewältigen, wurden weitere hybride Hydrogelformulierungen für den 3D-Druck untersucht. Die diesem Projekt zugrundeliegende Formulierungen bestanden hauptsächlich aus einer Kombination aus Hyaluronsäure, unterschiedlich oberflächenfunktionalisierten MSN und funktionalisierten Polyglycidolen, welche durch Bestrahlung mit UV-Licht ein dreidimensionales Netzwerk ausbilden. In rheologischen Messungen der ungelierten Formulierung zeigten die beigemischten MSN auch hier keinen Einfluss auf das scherverdünnende Verhalten, weshalb ein präziser Druck von Hydrogelsträngen möglich war. Durch elektrostatische Wechselwirkungen zwischen unterschiedlich geladenen Partikeln und der umgebenden Hyaluronsäure war es weiterhin möglich, die Interaktion zwischen diesen Komponenten zu beeinflussen. Hierbei konnten im Rahmen dieser Arbeit zwei Einflussfaktoren für die Steuerung der Beweglichkeit von Partikeln innerhalb eines gedruckten hybriden Hydrogelkonstrukts und deren Freisetzung in ein umgebendes Medium gefunden werden. Dabei handelt es sich um die Partikelladung und die gewählte Druckgeometrie. Durch den Einsatz positiv bzw. negativ geladener MSN innerhalb der gedruckten Hydrogele wurden unterschiedliche Freisetzungskinetiken in das umgebende Zellmedium realisiert. Zudem wurde durch Verwendung von vergleichbar funktionalisierten Goldnanopartikeln ein materialunabhängiges Verhalten in Bezug auf die Freisetzungskinetik gezeigt. Bei einer anschließenden Untersuchung der zellulären Aufnahme von MSN wurde, in Übereinstimmung mit dem Freisetzungsverhalten der jeweiligen Partikel, eine deutlich verzögerte Aufnahme von positiv geladenen, aminofunktionalisierten Partikeln beobachtet. Abschließend wurde die Beladung von unterschiedlich funktionalisierten mesoporösen Silikananopartikeln mit drei potentiellen Wirkstoffen für die Geweberekonstruktion durchgeführt. Hierbei wurde, unabhängig der gewählten Wirkstoffe, eine erhöhte Wechselwirkung und somit erhöhte maximale Beladung mit aminofunktionalisierten Partikeln erzielt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden durch Herstellung neuartiger hybrider Systeme einige grundlegende und notwendige Voraussetzungen eines Materials für die Geweberekonstruktion erfüllt. Dazu zählen neben einer lokalen Applikation der erzeugten Materialien auch eine aktive sowie zeitlich gestaffelte und verzögerte Aufnahme der eingebrachten Trägersysteme (MSN). Weiterhin wurden wichtige Einflussfaktoren für das Verständnis der Wechselwirkung zwischen partikulären Systemen und umgebenden Netzwerkkomponenten in 3D-hybriden Hydrogelzellkulturen identifiziert. Durch eine hohe Vielfalt an einführbaren Oberflächenfunktionalisierungen von MSN gelang es, die Wechselwirkungen zwischen Partikeln und den umgebenden Hydrogelnetzwerken zu steuern, um in Folge dessen eine veränderte zelluläre Aufnahme zu erzielen. So war es auf diese Weise erstmals möglich, eine deutliche, um mehrere Tage verzögerte, Aufnahme von MSN in Zellen zu erzielen. Die Verwendung entsprechender hybrider Materialien stellt also einen vielversprechenden Ansatz zur Realisierung eines kontrollierten Zellwachstums und somit einer erfolgreichen Geweberekonstruktion dar.
Date created
2018
Subject headings
[GND]: Nanopartikel | Hydrogel[LCSH]: Silica gel | Nanoparticles | Adsorption
[MeSH]: Tissue engineering
[Free subject headings]: Mesoporöse Silikananopartikel | Hybride Hydrogelmaterialien | Peptidadsorption | Geweberekonstruktion | Mesoporous silica nanoparticles
[DDC subject group]: DDC 540 / Chemistry & allied sciences
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9249
Baumann, Bernhard Harry (2018): Synthese und Charakterisierung hybrider Hydrogele für die Geweberekonstruktion. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-9249
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