Etablierung einer nationalen Datenbank für die alveoläre Echinokokkose: Detektion von Risikogebieten und Ermittlung der Prävalenz zur Evaluation der Durchseuchungslage in Deutschland

Erstveröffentlichung
2017-08-10Authors
Schmidberger, Julian
Referee
Kratzer, WolfgangBarth, Thomas F. E.
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für Innere Medizin IUKU. Institut für Pathologie
Abstract
Hintergrund: Die Alveoläre Echinokokkose (AE) ist in Deutschland eine seltene parasitäre Erkrankung durch den Parasiten Echinococcus multilocularis. Viele Fragestellungen zur Epidemiologie, Diagnostik, Behandlung und Versorgung der alveolären Echinokokkose konnten bislang nicht gelöst werden, da die nötigen Strukturen zur Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten nicht vorlagen. Ziel war die „Etablierung einer nationalen Datenbank für die alveoläre Echinokokkose“ zur „Detektion von Risikogebieten und Ermittlung der Prävalenz zur Evaluation der Durchseuchungslage“.
Material und Methoden: In der Implementierung und Networkingsphase folgte die Kontaktaufnahme mit den beteiligten Akteuren. Dabei erfolgte die Erstellung eines relationalen Datenbankschemas und die Implementierung in MySQL Workbench Version 6.3.5. In der Erhebungs- und Rekrutierungsphase folgte die Kontaktaufnahme, Datenerhebung und Übertragung der Patientendaten in die nationale Datenbank für die alveoläre Echinokokkose. Zur kartographischen Darstellung und Visulisierung der Durchseuchungslage kam die Software EpiInfo™ zum Einsatz. Die Moran’s I-Geoanalyse nach Cluster und Risikogebieten erfolgte mit GeoDa™. Für die statistische Auswertung der N=523 AE-Fälle kam das Auswertungssystem SAS Version 9.2. zum Einsatz. Das Signifikanzniveau wurde bei α=0.05 festgelegt.
Ergebnisse: Die Analyse der N=523 AE-Fälle ergab eine Konzentration der Fälle in Baden-Württemberg und Bayern. Die Analyse auf Basis von Moran’s I ergab für Deutschland eine positive räumliche Autokorrelation (I=0.208815 mit Z=32,6175 und einem p-Wert von <0.001). Die Prävalenzschätzung für Deutschland im Zeitraum 1992 - 2016 ergab 0,64 Fälle je 100.000 Einwohner, für Baden-Württemberg lag die geschätzte Prävalenz im gleichen Zeitraum bei 2,18 Fällen je 100.000 Einwohnern und in Bayern wurden in dieser Zeit 1,48 Fälle je 100.000 Einwohner beobachtet. Die Analyse ergab weitere Unterschiede in der Prävalenz von Männern und Frauen. Die Prävalenz bei Frauen beträgt in Deutschland 0,69, für Männer 0,58 Fälle je 100.000 Einwohner in Deutschland. In Baden-Württemberg beträgt die Prävalenz für Frauen 2,33, für die Männer 2,02 Fälle je 100.000 Einwohner. In Bayern 1,31 für Männer, für Frauen 1,65 Fälle je 100.000 Einwohner. Außerdem stieg die alters- und geschlechtsspezifische Prävalenz mit dem Alter an. Die Analyse zur räumlichen Autokorrelation und zu möglichen Risikogebieten zeigt, dass sich die Nachbarschaft von „Hoch-Hoch“-Risikogebieten insbesondere auf die südöstlichen Regionen Baden-Württembergs konzentriert (I=0.188514 mit Z=11,3197 und p<0.001), während das „Hoch-Hoch“-Risikogebiet in Bayern im südwestlichen Teil Bayerns zu finden ist, der in der Nachbarschaft des Baden-Württemberger Risikogebiets liegt bzw. daran angrenzt (I=0.176953 mit Z=13,5144 und p<0.001). Die Risikoanalyse ergab, dass insbesondere die Gemeinden um Leutkirch im Allgäu, Römerstein, Ehingen, Langenau, Herbrechtingen, Münsingen, Moosburg, Bad Waldsee, Vöhringen und Buch sowie Wolfertschwenden und Weitnau „Hoch-Hoch“-Risikogebiete darstellen. Die Prävalenz in Leutkirch im Allgäu beträgt (7 Fälle) 0,31 Fälle je 1.000 Einwohner. Die Prävalenz in Buch (4 Fälle) ergab 1,04 AE-Fälle je 1.000 Einwohner. Die Ortschaft Wolfertschwenden (3 Fälle) weißt eine hohe Prävalenz von 1,58 AE-Erkrankungsfällen je 1.000 Einwohner auf.
Diskussion: Die Erfassung von AE-Fällen in die neu etablierte nationale Datenbank für die alveoläre Echinokokkose scheint gut zu funktionieren. Auf Grundlage einer ersten Auswertung der Daten zeigen sich insbesondere die Ortschaften Leutkirch im Allgäu, Römerstein, Ehingen, Langenau, Herbrechtingen, Münsingen, Moosburg, Bad Waldsee, Vöhringen und Buch sowie Wolfertschwenden und Weitnau als präventivpolitisch interessant. Auffallend sind Cluster von Krankheitshäufungen in Bereich der Schwäbischen Alb, der Alpen und dem Alpenvorland. Durch eine Aufklärung der Bevölkerung in „Hoch-Hoch“-Risikogebieten können möglicherweise neue AE-Fälle verhindert bzw. frühzeitig diagnostiziert werden. Eine gezielte Schulung und Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten in „Hoch-Hoch“-Risikogebieten zum Erkrankungsbild der alveolären Echinokokkose, ihrer Diagnostik, Behandlung und Versorgung kann möglicherweise dazu beitragen, dass neue Erkrankungsfälle früher diagnostiziert und adäquat behandelt werden können.
Fazit: Die neu etablierte nationale Datenbank für die alveoläre Echinokokkose legt im Sinne Rudolf Virchows einen wichtigen Grundstein zur Lösung wichtiger wissenschaftlicher und bislang unbeantworteter Fragstellungen zu dieser seltenen Krankheit.
Date created
2017
Subject headings
[GND]: Alveoläre Echinokokkose | Fuchsbandwurm | Durchseuchung | Prävalenz[LCSH]: Microbial contamination
[MeSH]: Echinococcus multilocularis | Databases as topic | Echinococcosis; Prevalence
[Free subject headings]: Echinococcus multilocularis | Nationale Datenbank
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-4478
Schmidberger, Julian (2017): Etablierung einer nationalen Datenbank für die alveoläre Echinokokkose: Detektion von Risikogebieten und Ermittlung der Prävalenz zur Evaluation der Durchseuchungslage in Deutschland. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-4478
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