Individualisiertes Erholungs- und Beanspruchungsmonitoring mit Biomarkern im professionellen Handballsport

Erstveröffentlichung
2022-09-30Autoren
Henze, Alexander-Stephan
Gutachter
Mauch, FriederTreff, Gunnar
Dissertation
Fakultäten
Medizinische FakultätInstitutionen
Universitätsklinikum Ulm - Klinik für Innere Medizin II - Sektion Sport- und RehabilitationsmedizinExterne Kooperationen
Sportklinik StuttgartZusammenfassung
Ein Monitoringkonzept sollte in Mannschaftssportarten auf höchstem Leistungsniveau zur Optimierung der Belastungssteuerung mehrere Zielgrößen beinhalten, um die verschiedenen Ebenen der Beanspruchung und der damit verbundenen Ermüdungs- und Erholungsprozesse möglichst genau abzubilden. Neben psychometrischen Verfahren, die aufgrund ihres multimodalen Ansatzes als Goldstandard im Erholungs- und Beanspruchungsmonitoring gelten, können auch objektive Parameter wie Biomarker betrachtet werden. Im Spitzensport und in der Forschung kommen häufig das Muskelenzym Creatinkinase (CK) als Marker für die muskuläre Beanspruchung und das Stoffwechselendprodukt Harnstoff als Marker für die metabolische Beanspruchung zum Einsatz. Die große interindividuelle Variabilität dieser Biomarker hat deren Nutzen für ein engmaschiges Monitoring im Rahmen der Belastungssteuerung bislang stark eingeschränkt, weshalb in den letzten Jahren zunehmend Ansätze zur Erstellung individualisierter Profile oder Referenzbereiche in den Fokus der Forschung gerückt sind. Im Rahmen des vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderten REGman-Projekts wurde 2017 ein Verfahren zur Individualisierung veröffentlicht, das wie der „Athlete Biological Passport“ auf einem bayes’schen Ansatz beruht.
In der vorliegenden Arbeit sollte dieses Individualisierungsverfahren für die Biomarker Creatinkinase und Harnstoff erstmalig im Spitzenhandball untersucht werden. Dazu wurden die Biomarker in einer prospektiven Beobachtungsstudie an 16 Handballspielern einer Mannschaft aus der höchsten deutschen Spielklasse in der Vorbereitungsphase auf die reguläre Saison 2019/2020 wiederholt erhoben. Die venösen Blutentnahmen erfolgten analog zur Originalarbeit an jeweils fünf vorab festgelegten Tagen morgens im ermüdeten oder erholten Zustand. Zur Erfassung möglicher Störfaktoren wurde kontrollierend die ebenfalls im REGman-Projekt entwickelte und validierte Kurzskala Erholung und Beanspruchung (KEB) oder deren validierte englische Version (SRSS) beantwortet. Die gut untersuchte Session-RPE-Methode wurde zudem als weiteres Kontrollinstrument für ein subjektives Beanspruchungsmonitoring eingesetzt. Die Biomarker wurden mit einem geeichten mobilen Laborgerät fotometrisch bestimmt. Eine Grundvoraussetzung für die Testung des Individualisierungsverfahrens war die Annahme, dass beide Biomarker im ermüdeten Zustand größere Werte annahmen als im erholten Zustand. Zur Untersuchung dieser Hypothese wurde unter Berücksichtigung der Abhängigkeitsstruktur der Längsschnittdaten eine Mehrebenenanalyse durchgeführt, die zunächst nur für die Creatinkinase signifikante interindividuelle Unterschiede zeigte. Mit dem berechneten gemischt linearen Modell, das den Erholungs- und Beanspruchungszustand als festen Effekt und die Probanden-Identität sowie deren Wechselwirkung als zufällige Effekte enthielt, konnte gezeigt werden, dass die CK-Aktivität im ermüdeten Zustand signifikant größere Werte (p < 0,001; d = 3,49) annahm. Für die Harnstoffkonzentration wurde unter Berücksichtigung des Sparsamkeitsprinzips ein lineares Modell mit dem Erholungs- und Beanspruchungszustand als festem Effekt berechnet, in dem die größeren Werte im ermüdeten Zustand ebenfalls Signifikanz (p = 0,018; d = 0,382) erreichten. Der Individualisierungsalgorithmus wurde zur Testung seiner klassifikatorischen Leistung mit einem gruppenbasierten Referenzklassifizierungsverfahren verglichen. Dazu wurden zwei vorab definierte Fehlerraten mit dem exakten Fisher-Test für beide Biomarker getrennt überprüft. Für die Creatinkinase wurde durch den individualisierten Ansatz eine numerische Senkung beider Fehlerraten beobachtet, die nur für die Test-pass-Fehlerrate statistische Signifikanz (p = 0,0196; φ = 0,19) erreichte. Dagegen zeigten sich bezüglich der Harnstoffkonzentration keine signifikanten Unterschiede.
Die Ergebnisse der linearen Modelle entsprachen den bisherigen Erkenntnissen zum Verhalten der Biomarker nach sportlicher Belastung, wobei die bedeutende Rolle der Creatinkinase für Mannschaftssportarten wie Handball bestätigt werden konnte. Die Senkung der Fehlerraten durch das untersuchte Individualisierungsverfahren wurde als klinisch relevant eingeordnet, daher sollte im Rahmen eines biochemischen Monitorings ein individualisierter Ansatz gewählt werden. Als interessanter Aspekt für kommende Studien kann die Untersuchung von positionsspezifischen Unterschieden angesehen werden.
Erstellung / Fertigstellung
2021
Schlagwörter
[GND]: Handball | Mannschaftssport | Muskulatur | Ermüdung | Biomarker[MeSH]: Sports medicine | Athletic performance; Physiology | Muscle fatigue | Monitoring, Physiologic | Biomarkers
[Freie Schlagwörter]: Belastungssteuerung | Regenerationsmanagement | Referenzbereich | Personalisierung
[DDC Sachgruppe]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
Zur LanganzeigeDOI & Zitiervorlage
Nutzen Sie bitte diesen Identifier für Zitate & Links: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-44911
Henze, Alexander-Stephan (2022): Individualisiertes Erholungs- und Beanspruchungsmonitoring mit Biomarkern im professionellen Handballsport. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-44911
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