Abstract | In der vorliegenden Arbeit wurden Patienten mit Primärer Lateralsklerose (PLS) im
Querschnitt neuropsychologisch untersucht.
Die primäre Lateralsklerose ist eine Motoneuronerkrankung, bei der im Gegensatz zur
Amyotrophen Lateralsklerose nur das 1. Motoneuron betroffen ist und die deswegen einen
langsameren Verlauf zeigt. Es sollte nun untersucht werden, wie das kognitive Profil bei
PLS-Patienten aussieht.
Die folgenden neuropsychologischen Testungen wurden bei 28 PLS-Patienten und 19
Kontrollpersonen, gematcht nach Geschlecht, Alter und Bildung, durchgeführt:
Semantische Flüssigkeit, Phonematische Flüssigkeit, Trail-Making Test A und B, Stroop-
Test, Wortliste Lernen/Abrufen/Wiedererkennen, Figuren Abzeichnen/Abrufen, 5-Punkte-
Test, Boston Naming Test, Zahlen- und Blockspanne, Test zum Kognitiven Schätzen,
Frontal Assessment Battery, Mini Mental Status Test.
Es zeigten sich dabei folgende Ergebnisse:
Das kognitive Profil bei der PLS ist im Gegensatz zur Amyotrophen Lateralsklerose (ALS)
in erster Linie von Defiziten der Exekutivfunktionen geprägt, sowie einer gestörten
Aufmerksamkeitsleistung. Außerdem kommen bei der PLS signifikant häufig temporale
Defizite vor. Dies lässt sich durch die Stadien nach Braak und Brettschneider erklären: Im
Stadium 3 ist das Frontalhirn mit seinen entsprechenden neuropsychologischen
Fähigkeiten betroffen. Erst im Stadium 4 kommt der Temporallappen mit dem
Hippocampus hinzu, was also das Gedächtnis beeinträchtigt. ALS-Patienten versterben
früher an ihrer Vorderhornzellerkrankung und zwar meist bevor das Stadium 4 nach Braak
und Brettschneider und somit die Ausbildung von temporalen Defiziten erreicht wird.
Es zeigen sich sowohl in der Literatur, als auch in vorliegender Arbeit keine signifikanten
Korrelationen zwischen kognitiven und motorischen Einschränkungen. Dies gilt auch für
die Erkrankungsdauer, es gibt keine signifikante Korrelation mit kognitiven Defiziten. Dies
wäre durch eine unterschiedliche Dynamik der Entwicklung der kortikalen Dysfunktion
(vermittelt durch Assoziationsfasern) und der kortikofugalen Trakte, spezifisch der
Pyramidenbahn erklärt. Um diese Überlegungen weiter zu belegen, sind weitere, auch
longitudinale Studien notwendig.
Die Verlaufsform mit Pseudobulbärparalyse zeigt schlechtere Ergebnisse
neuropsychologischer Testungen im Vergleich zur rein spinalen Verlaufsform, jedoch
nicht auf statistisch signifikantem Niveau. Daher konnte diese Arbeit zu dieser in der
50
Literatur kontroversen Frage, ob es bei Patienten mit Pseudobulbärparalyse vermehrt
neuropsychologische Defizite gibt, keinen Beitrag leisten. | dc.description.abstract |