Die Rolle der angeborenen intestinalen Immunantwort nach experimentellem Abdominaltrauma

Erstveröffentlichung
2022-03-09Authors
Haußner, Felix Sebastian
Referee
Huber-Lang, MarkusBrenner, Rolf
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Institut für Klinische und Experimentelle Trauma-ImmunologieUKU. Klinik für Orthopädie
Abstract
Das Abdominaltrauma (AbT) ist aufgrund der mannigfaltigen Verletzungsmöglichkeiten intraabdomineller Organe von hoher Relevanz und stellt Ärzte vor große Herausforderungen im klinischen Alltag. Im europäischen Raum liegen mehrheitlich Abdominaltraumata stumpfer Genese vor, wobei aufgrund der diffusen Symptomatik die initiale Diagnostik oftmals erschwert und die Therapieeinleitung verzögert ist. Obwohl das schwere Abdominaltrauma mit einer Inzidenzrate von 15 - 20 % auftritt und eine Letalitätsrate von 25 % aufweist, ist bislang kein Kleintiermodell vorhanden, welches die Verletzungsentität isoliert in den Fokus setzt. Mit der Bildung der Blut-Darm-Schranke (BDS) gilt der Darm als direkte Verbindung zwischen der äußeren Umwelt und dem inneren System des Organismus. Störungen dieser sensiblen Darmbarriere, z.B. durch ein Trauma, können Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben und sind daher von hoher Bedeutung. Der Intestinaltrakt gilt als zentrale Sammelstätte für Immunzellen und immunologisch aktive Moleküle und wird daher häufig als Schlüsselorgan in der Generierung einer Immunantwort und des Multiorganversagens nach Trauma gesehen. Das Komplementsystem, als zentraler Teil des angeborenen Immunsystems, ist an der Generierung und Modulation der posttraumatischen Immunantwort vielfältig beteiligt. Daraus leitet sich die Fragestellung ab, ob ein druckinduziertes AbT zu intestinalen Schäden sowie zu relevanten Veränderungen der BDS führt. Die Hauptthematik der vorliegenden Arbeit umfasst jedoch die Frage, inwiefern das AbT die angeborene Immunantwort beeinflusst und welche Rolle das Komplementsystem dabei spielt. Zur Beurteilung der Fragen, musste zunächst das tierexperimentelle Verfahren erfolgen. Hierzu wurden in der initialen Versuchsreihe (Abstand 2,1 cm) n = 68 Mäuse in volatiler Narkose einem definierten Druckluft-induzierten AbT ausgesetzt. Darauf folgte die Probengewinnung von Darmgewebe, intestinalem Mukus und Blutplasma für die anschließenden histologischen und immunhistochemischen Analysen sowie für die Enzym-Immunoassays. Alle Ergebnisse wurden wenn möglich primär einer einfaktoriellen Varianzanalyse unterzogen. Bei zirka einem Drittel aller traumaexponierten Tiere (Abstand 2,1 cm) konnten in der makroskopischen Begutachtung deutliche Schäden am Intestinaltrakt festgestellt werden, wobei insbesondere submuköse Einblutungen auffielen. Auf mikroskopischer Ebene waren vorherrschend im Jejunum und Ileum intestinale Epithelschäden mittels des Chiu-Scores zu verzeichnen. Signifikant erhöhte Plasmakonzentrationen des „intestinal fatty acid-binding protein“ (I-FABP) konnten den lokalen intestinalen Epithelschaden zudem auf systemischer Ebene verifizieren. Die erhöhten Plasmakonzentrationen von Syndecan-1, Claudin-5 und Mucin-2 legten zudem Veränderungen der Blut-Darm-Schranke nach Abdominaltrauma nahe. In Jejunumhomogenisaten konnten sowohl für das Molekül „High-Mobility-Group-Protein B1“ (HMGB1) als auch für Interleukin-6 tendenziell erhöhte Proteinkonzentrationen detektiert werden, was als Ausdruck einer abdominaltraumainduzierten lokalen Inflammation des intestinalen Gewebes gesehen werden kann. Gestützt wird dies durch die im Jejunum tendenziell erhöhte Aktivität der Myeloperoxidase, welche als Zeichen einer Infiltration von aktivierten neutrophilen Granulozyten gewertet werden kann. Die Komplementfaktoren C3a und C5a variierten im Gewebe lediglich auf marginalem Niveau, während im intestinalen Mukus teils signifikante Änderungen zu verzeichnen waren. Dieser scheint damit ein autarkes Kompartiment zu bilden, in dem essentielle Komplementfaktoren vorhanden sind. Auf systemischer Ebene waren sowohl die Zytokine Tumornekrosefaktor (TNF) und „Macrophage Inflammatory Protein 2“ (MIP-2) als auch C5a in der frühen posttraumatischen Phase signifikant erhöht. Das experimentelle Abdominaltrauma induziert somit sowohl im intestinalen Mukus und Gewebe als auch im Blutplasma eine deutliche Immunantwort. Nach ersten Einschätzungen kann das neue Tiermodell zuverlässig und translational wertig zur weiteren Evaluation der Immunantwort nach AbT eingesetzt werden. Von Interesse sind zukünftig das Zusammenspiel zwischen dem Komplementsystem und den pankreatischen Proteasen im intestinalen Mukus oder auch die Untersuchung der neurologischen Achse zwischen dem Gehirn und Intestinaltrakt nach Abdominaltrauma.
Date created
2020
Subject headings
[GND]: Trauma | Bauch | Immunreaktion[MeSH]: Abdominal injuries | Immunity
[Free subject headings]: Darm | Komplement | Abdomen | DAMPs | Darmbarriere | Zytokine
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
Show full item recordDOI & citation
Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-42083
Haußner, Felix Sebastian (2022): Die Rolle der angeborenen intestinalen Immunantwort nach experimentellem Abdominaltrauma. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-42083
Citation formatter >