Indikationen zur Operation beim papillären Mikrokarzinom der Schilddrüse

Erstveröffentlichung
2022-01-21Authors
Sirbu, Claudiu
Referee
Hillenbrand, AndreasGrüner, Beate
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für Allgemein- und ViszeralchirurgieUKU. Klinik für Innere Medizin III
Abstract
In der Literatur finden sich in den letzten Jahren häufig Hinweise, dass eine chirurgische Übertherapie bei der Diagnose eines papillären Mikrokarzinoms der Schilddrüse bestehen könnte. Beim papillären Mikrokarzinom handelt es sich um ein Karzinom der Schilddrüse mit histologisch entsprechendem Wachstumsmuster, das einen Durchmesser bis zu 1 cm aufweist. Diese papillären Mikrokarzinome zeigen häufig keine Progression. Alternativ zur frühzeitigen Operation bei Verdacht auf papilläres Mikrokarzinom ohne Risikofaktoren besteht laut Literatur wegen des häufig benignen Charakters die Möglichkeit, eine Active Surveillance mit regelmäßigen Kontrollen durchzuführen.
Um der Frage der chirurgischen Übertherapie des papillären Mikrokarzinoms nachzugehen, wurden im Rahmen dieser Arbeit alle Patienten mit einem papillären Mikrokarzinom aus einem Gesamtkollektiv von 2392 Patienten retrospektiv untersucht, die im Zeitraum zwischen August 2008 und Juni 2019 in der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Ulm an der Schilddrüse operiert wurden. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass bei 79 Patienten aus dem Gesamtkollektiv die Diagnose eines papillären Mikrokarzinoms gestellt wurde.
Eine zentrale Fragestellung dieser Arbeit war die Auswertung der Indikationen zur Operation. Dabei wurde insbesondere untersucht, ob der spezielle suspekte Knoten, der sich histologisch als papilläres Mikrokarzinom herausgestellt hat, die eigentliche Indikation zur Operation war. Wenn es sich aber bei den als papilläres Mikrokarzinom diagnostizierten Fällen überwiegend um Begleit-Zufallsbefunde handelt, so kann das Argument der Übertherapie entkräftet werden.
Die Auswertung der Indikationen zur Operation ergab, dass die häufigste Indikation mit 57% (45 Patienten) eine Struma uni- oder multinodosa der Schilddrüse war, wobei sich das papilläre Mikrokarzinom erst in der postoperativen Histologie als Zufallsbefund nachweisen ließ. Weitere Indikationen zur Operation, bei denen sich das papilläre Mikrokarzinom als histologischer Zufallsbefund herausstellte, waren Schilddrüsenresektionen im Rahmen einer operativen Therapie eines primären Hyperparathyreoidismus mit 11% (9 Patienten) oder eines sekundären Hyperparathyreoidismus mit 4% (3 Patienten), ein Morbus Basedow mit 4% (3 Patienten) und Verdacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom mit 1% (1 Patient). Die Operationsindikationen, bei denen das papilläre Mikrokarzinom nicht als Zufallsbefund gewertet wurde, waren suspekter Knoten mit 16% (13 Patienten), Lymphknotenmetastase mit Verdacht auf Karzinom mit 4% (3 Patienten) und zytologisch gesichertes Karzinom mit 3% (2 Patienten). Damit war das papilläre Mikrokarzinom bei insgesamt 77% der Fälle (61 der 79 Patienten) ein Zufallsbefund, da die Indikationen zur Operation nicht der Knoten war, der sich als papilläres Mikrokarzinom zeigte.
Betrachtet man die präoperativ sonographisch festgestellte Größe der Knoten bei den 13 Patienten, die mit der Indikation suspekter Knoten, der sich postoperativ als papilläres Mikrokarzinom herausgestellt hat, operiert wurden, ergibt sich bei 7 Patienten ein Knoten präoperativ über 1 cm Durchmesser. Das heißt, dass bei diesen 7 Patienten die Indikation zur Operation aufgrund des Verdachts auf ein T1b Karzinom und damit kein papilläres Mikrokarzinom bestand. Die Diskrepanz zwischen der präoperativen und postoperativen Knotengröße kann durch die übliche Schrumpfung von Gewebe nach Entnahme und die weitere histologische Aufarbeitung erklärt werden. Bei diesen 13 Patienten mit der Indikation suspekter Knoten konnte bei einem großen Anteil (54%) eine histologisch bestätigte chronische Entzündung festgestellt werden. Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Patienten mit nachgewiesener chronischer Entzündung bei allen anderen Indikationen bei 29%. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass eine chronische Entzündung der Schilddrüse das Malignomrisiko erhöht.
Die Analyse der Alters- und Geschlechtsverteilung, der Komplikationen, sowie der Rezidivraten der untersuchten 79 Patienten mit papillärem Mikrokarzinom deckt sich mit den Daten aus der Literatur.
Zusammengefasst stellte sich das papilläre Mikrokarzinom bei 61 der 79 untersuchten Patienten (77%) als Zufallsbefund dar. Bei den verbliebenen 18 Patienten entsprach der suspekte Knoten präoperativ bei 7 Patienten nicht den Kriterien eines papillären Mikrokarzinoms. Weitere 8 Patienten hatten Risikofaktoren wie Multifokalität oder Lymphknotenmetastasierung, so dass letztlich nur 4% (3 der 79 Patienten) operiert wurden, die alternativ auch einer Active Surveillance hätten zugeführt werden können. Somit kann als zentrales Ergebnis dieser Studie festgestellt werden, dass eine chirurgische Übertherapie bei der Mehrheit der Patienten nicht beobachtet werden kann.
Date created
2020
Subject headings
[GND]: Mikrocarcinom | Schilddrüse | Schilddrüsenkrebs | Operation[MeSH]: Thyroid neoplasms; Surgery | Surgical procedures, Operative
[Free subject headings]: Papilläres Mikrokarzinom | Schilddrüsenkarzinom | Papilläres Karzinom | Chirurgie | Active surveillance
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-41056
Sirbu, Claudiu (2022): Indikationen zur Operation beim papillären Mikrokarzinom der Schilddrüse. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-41056
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