Charakterisierung von Typ 1 Diabetes Patienten mit Gewebstransglutaminaseantikörper-Positivität

Erstveröffentlichung
2020-10-13Authors
Eggerstedt, Robert
Referee
Böhm, Bernhard OttoManfras, Burkhard
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für Innere Medizin IAbstract
Die Zöliakie ist nach dem Morbus Hashimoto die zweithäufigste Autoimmunerkrankung bei Typ 1 Diabetes Patienten. Die Inzidenzen beider Erkrankungen sind über die letzten Jahre kontinuierlich angestiegen. Es konnte gezeigt werden, dass Patienten, die an beiden Autoimmunpathologien erkranken, einen deutlich aggressiveren Krankheitsverlauf des Typ 1 Diabetes aufweisen und früher diabetische Komplikationen wie eine Nephropathie oder eine Retinopathie entwickeln. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser „Doppelautoimmunität“ sind noch unzureichend verstanden. Bereits lange bekannt ist eine Überlappung in den für die Erkrankung prädisponierenden HLA-Risikoallelen. In der vorliegenden Arbeit haben wir ein großes Kollektiv von Typ 1 Diabetes Patienten auf das Vorliegen von Immunglobulin A (IgA) Gewebstransglutaminase (tTG) Antikörper untersucht. Wir konnten bei 2,8 Prozent der insgesamt 2082 Patienten diesen Antikörper nachweisen. Die Patienten mit dem tTG-Antikörper waren im Vergleich signifikant jünger bei der Typ 1 Diabetes Erstmanifestation. Alle Typ 1 Diabetes Patienten wurden für sämtliche HLA-Loci typisiert. Wir konnten in unserer Studie bestätigen, dass das homozygote Vorliegen von DQ2 das höchste Risiko für die Entwicklung einer Zöliakie bei Typ 1 Diabetes Patienten darstellt. Die meisten Patienten trugen allerdings heterozygot DQ2/DQ8, aufgrund der Überrepräsentation dieser Gruppe in unserem Gesamtkollektiv. Für die Allelkombination DQA1 0101/0301 fand sich ein möglicher protektiver Effekt für die Entwicklung von Antikörpern gegen die Gewebstransglutaminase. Diese Beobachtung muss allerdings in einer größeren Studie validiert werden. Zur näheren Charakterisierung des inflammatorischen Zustandes der beiden Gruppen erfolgte die Messung von Zytokinen mittels ELISA. Hier konnten wir signifikant erhöhte Interleukin-2, 17A, 1 beta und Tumor nekrose factor alpha Serumkonzentrationen bei den Patienten mit tTG Antikörper feststellen. Um eine weitere Differenzierung der Typ 1 Diabetes Patienten mit und ohne tTG Antikörper machen zu können, sortierten wir mittels Fluoreszenz aktivierter Zellsortierung mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) in die Untergruppen zytotoxische thymalen (T-) Zellen, regulatorische T-Zellen, T-Helfer 17 Zellen, Monozyten und cluster of differentiation (CD) 4 positive T-Helferzellen. Von jeweils 10 Typ 1 Diabetes Patienten mit tTG-Antikörper, 10 altersadaptierten Typ 1 Diabetes Patienten ohne tTG-Antikörper und 10 gesunden Probanden wurden von den zytotoxischen T-Zellen, Monozyten und CD4 positiven T-Zellen Transkriptomanalysen auf der Affymetrix Microarray Plattform durchgeführt. Hier konnten wir keine signifikanten Unterschiede zwischen den Transkriptomen der Patienten mit und ohne tTG-Antikörper finden. Zwischen gesunden Probanden und allen T1D Patienten fanden wir weitreichende Unterschiede im Transkriptom. Bei den analysierten Monozyten konnten wir neben der Überexpression proinflammatorischer Zytokine und Chemokine auch eine vermehrte Expression der costimulatorischen Signale CD80 und CD86 feststellen. Veränderte costimulatorische Signale ließen sich auch bei den CD4 positiven T-Zellen aufzeigen. Hier fanden wir eine Herabregulation des cytotoxic T-Lymphocyte-associated protein 4 welches ein vermehrtes Überleben von T-Zellen bedingt. Auch bei den zytotoxischen T-Zellen konnte eine Veränderung der Apoptose/Survival Pathways dargestellt werden. Wir konnten eine verminderte Expression der GIMAP-Familie aufzeigen, welche in das Überleben von T-Zellen involviert sind und nicht zuletzt als Schlüsselfaktor im diabetes prone biobreading (DPBB) Rattenmodel des Typ 1 Diabetes identifiziert wurden. Die von uns erlangten Erkenntnisse ergänzen mehrere Theorien zur Pathogenese des Typ 1 Diabetes. Hier kam zuletzt dem Darm als Expositionsort von Umwelteinflüssen (unter anderem auch der Glutenaufnahme) vermehrte Aufmerksamkeit zu. Es konnte bei Patienten mit manifestem Typ 1 Diabetes jedoch zusätzlich auch bei nicht erkrankten Geschwistern eine vermehrte intestinale Permeabilität festgestellt werden. Diese Durchlässigkeit war bei gleichzeitigem Vorliegen einer Zöliakie nochmals erhöht. Mikrobielle Antigene triggern aufgrund dieser Permeabilität intestinale angeborene Immunzellen über deren pattern recognition receptors (PRRs). Die dadurch entstehende lokale Inflammation initiiert vermutlich in systemischen PBMCs ein proinflammatorisches Expressionsmuster, wie es von uns dargestellt werden konnte. Dieses Expressionsmuster existiert auch bei Risikopatienten für den Typ 1 Diabetes oder deren Geschwistern. Es konnte gezeigt werden, dass ein Fortschreiten zur manifesten Erkrankung durch das Versagen immunregulatorischer Mechanismen bedingt ist. Die genauen Mechanismen sind hier allerdings nicht verstanden und benötigen zum Verständnis noch weitere Studien der intestinalen Immunität. Die vorliegende Arbeit hilft bei der weiteren Einordnung der Typ 1 Diabetes Patienten mit gleichzeitig auftretender Gewebstransglutaminase Autoimmunität. Die vorliegenden Ergebnisse sprechen dabei gegen eine genuin differenzielle Autoimmunpathologie. Die aggravierte Verlaufsform lässt sich durch die vermehrte Inflammation erklären, die wir systemisch aufzeigen konnten. Hier könnten Interventionsstudien mit modernen Immunmodulatoren ansetzen, um das Outcome dieser Patienten zu verbessern.
Date created
2020
Subject headings
[GND]: Diabetes mellitus Typ 1 | Zöliakie[MeSH]: Diabetes mellitus, Type 1 | Celiac disease
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-33337
Eggerstedt, Robert (2020): Charakterisierung von Typ 1 Diabetes Patienten mit Gewebstransglutaminaseantikörper-Positivität. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-33337
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