Konstruktion und Analyse isobutanolbildender autotropher acetogener Bakterien

Erstveröffentlichung
2020-07-15Authors
Weitz, Sandra
Referee
Dürre, PeterEikmanns, Bernhard
Dissertation
Faculties
Fakultät für NaturwissenschaftenInstitutions
Institut für Mikrobiologie und BiotechnologieAbstract
Isobutanol dient als Plattformchemikalie, die unter anderem als Kraftstoff-Additiv eingesetzt wird. Die großtechnische Herstellung von Isobutanol basiert bis heute meist auf der Verwendung von Rohöl. Zur Verringerung des Einsatzes von Rohöl bei der Herstellung von Isobutanol wurden bereits verschiedene biotechnologische Ansätze entwickelt, wobei nachwachsende Ressourcen als Substrat für verschiedene Mikroorganismen verwendet wurden. Ein Großteil dieser Ansätze verwendet Zucker als Kohlenstoff- und Energiequelle, der aus Kulturpflanzen gewonnen wird. Aufgrund des Einsatzes von Isobutanol als Biokraftstoff bei gleichzeitiger Nutzung von Ackerpflanzen entstand eine sogenannte Tank-Teller Diskussion, da Ackerflächen wünschenswerter Weise für Nahrungsmittel verwendet werden sollten. Eine alternative Ressource stellen Abfallgase, bestehend aus CO, CO2 und H2, dar. Die Nutzung dieser sogenannten Synthesegase in biotechnologischen Prozessen vermeidet zum einem die Nutzung von Ackerfläche für die Herstellung von Biokraftstoffen. Gleichzeitig wird durch die Verwendung dieser Ressource als Kohlenstoff- und Energiequelle der Ausstoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre verringert, was einen positiven Effekt auf das Klima bewirkt. Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit die Isobutanolproduktion ausgehend von CO und/oder CO2 + H2 in den acetogenen Bakterienstämmen A. woodii und C. ljungdahlii etabliert. Der biotechnologische Ansatz basierte auf der katalytischen Reaktion einer Ketoisovalerat:Ferredoxin-Oxidoreduktase (Kor) bzw. Ketoisovalerat-Decarboxylase (KivD). Für die Isobutanolproduktion via Kor wurden die rekombinanten Stämme CLJU[KOR1], CLJU[KOR2], CLJU[KOR3], AWO[KOR1], AWO[KOR2] und AWO[KOR3] hergestellt. Des Weiteren wurden für die Isobutanolproduktion über KivD die rekombinanten Stämme AWO[KAIA] und CLJU[KAIA] konstruiert. In heterotrophen sowie autotrophen Fermentationen wurden die genannten Bakterienstämme auf eine mögliche Isobutanolproduktion hin untersucht.
Bei den rekombinanten C. ljungdahlii-Stämmen CLJU[KOR1], CLJU[KOR2] und CLJU[KOR3] konnte unter heterotrophen sowie autotrophen Wachstumsbedingungen keine Isobutanolproduktion nachgewiesen werden. Trotz unterstützender Zugabe der Isobutanol-Vorstufe Ketoisovalerat in einem heterotrophen Wachstumsversuch kam es zu keiner Isobutanolproduktion. Interessanterweise konnten CLJU[KOR2] und CLJU[KOR3] 0,1 mM bzw. 0,2 mM Isobutanol unter autotrophen Wachstumsbedingungen mit Zugabe von Ketoisovalerat bilden. Die rekombinanten Stämme AWO[KOR1], AWO[KOR2] und AWO[KOR3] produzierten während des heterotrophen Wachstums jeweils 0,1 mM Isobutanol. Durch die Zugabe von Ketoisovalerat konnten 0,2 mM, 0,3 mM bzw. 2,9 mM Isobutanol durch die genannten Stämme hergestellt werden. Die Verwendung von CO2 + H2 als einzige Kohlenstoff- und Energiequelle führte bei der Kultivierung der Stämme AWO[KOR1], AWO[KOR2] und AWO[KOR3] zu keiner detektierbaren Isobutanolbildung. Unter denselben Bedingungen, allerdings mit der Zugabe von Ketoisovalerat, bildete AWO[KOR1] 0,3 mM Isobutanol, AWO[KOR2] 1,8 mM Isobutanol und AWO[KOR3] 1,1 mM Isobutanol.
Durch die Reaktion von KivD im metabolischen Stoffwechsel ergab sich beim heterotrophen Wachstum des rekombinanten Stammes AWO[KAIA] eine Isobutanolproduktion von 0,2 mM. Hingegen konnte mit dem Stamm CLJU[KAIA] keine Bildung von Isobutanol nachgewiesen werden. Durch die Zugabe von Ketoisovalerat konnten mit den Stämmen AWO[KAIA] und CLJU[KAIA] 0,4 mM bzw. 1,5 mM Isobutanol gebildet werden. Unter autotrophen Wachstumsbedingungen produzierte AWO[KAIA] ausschließlich mit der Zugabe von Ketoisovalerat Isobutanol (1,7 mM). CLJU[KAIA] generierte mit der Zugabe von Ketoisovalerat 0,6 mM Isobutanol, konnte jedoch auch ohne die Zugabe von Ketoisovalerat 0,1 mM Isobutanol bilden.
Der synthetische Isobutanolproduktionsweg beruht auf der Verwendung von Ketoisovalerat, die Vorstufe von Valin. Deshalb wurde für eine mögliche Optimierung der Isobutanolproduktion das Enzym für die Reaktion von Ketoisovalerat zu Valin eliminiert. Dies konnte durch die Inaktivierung der Aminosäure-Aminotransferase IlvE in C. ljungdahlii mit Hilfe des ClosTron™-Systems durchgeführt werden. Um gleichzeitig die Bildung von 2,3-Butandiol, ein weiteres Stoffwechselnebenprodukt in C. ljungdahlii, zu eliminieren, wurde das Gen für die Acetolactat-Decarboxylase (AldC) inaktiviert. Allerdings konnte eine Doppel-Integration in C. ljungdahlii nicht erfolgreich konstruiert werden. Die Eliminierung der Valinbildung in der Integrationsmutante CLJU::ilvE[KAIA] führte im Vergleich zu CLJU[KAIA] zu einer Steigerung der Isobutanolproduktion. Heterotroph mit Ketoisovalerat konnten 2,4 mM Isobutanol durch den Stamm CLJU::ilvE[KAIA] gebildet werden. Dies entspricht einer Steigerung von 61 % verglichen mit dem Stamm CLJU[KAIA]. Unter autotrophen Wachstumsbedingungen mit Ketoisovalerat konnte 1,0 mM Isobutanol gebildet werden. Daraus ergibt sich eine Steigerung der Isobutanolproduktion um 67 % verglichen mit dem Stamm CLJU[KAIA]. Zudem konnte ohne die Zugabe von Ketoisovalerat 0,4 mM Isobutanol produziert werden. Somit zeigte der Stamm CLJU::ilvE[KAIA] die höchste Isobutanolproduktion ausgehend von Synthesegas und ohne die Zugabe der Metabolit-Vorstufe Ketoisovalerat. Zur weiteren Optimierung der Isobutanolproduktion wurde zusätzlich ein NADPH-unabhängiger Stoffwechselweg konstruiert. Hierfür wurde eine NADH-abhängige Variante der Ketosäure-Reduktoisomerase (IlvC) verwendet. Unter heterotrophen Wachstumsbedingungen und Zugabe von Ketoisovalerat generierte der Stamm CLJU::ilvE[KAINADHA] mit 1,6 mM Isobutanol 18 % mehr Isobutanol als CLJU::ilvE[KAIA]. Eine solche Verbesserung konnte nicht unter autotrophen Wachstumsbedingungen festgestellt werden.
In dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass es möglich ist, Isobutanol biotechnologisch direkt aus Synthesegas zu produzieren. Die Isobutanolproduktion konnte in den acetogenen Modellorganismen A. woodii und C. ljungdahlii erfolgreich etabliert werden. Nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten für die Produkttitererhöhung könnten die Stämme zukünftig im großtechnischen Einsatz als sinnvoller Ersatz zu herkömmlichen petrochemischen Isobutanolproduktion dienen.
Date created
2020
Subject headings
[GND]: Isobutylalkohol | Treibhausgas | Nachhaltigkeit | Acetogene Bakterien[LCSH]: Greenhouse gas mitigation | Sustainability and the environment
[Free subject headings]: Isobutanol | KivD | Kor | ClosTron™
[DDC subject group]: DDC 540 / Chemistry & allied sciences
Metadata
Show full item recordDOI & citation
Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-32282
Weitz, Sandra (2020): Konstruktion und Analyse isobutanolbildender autotropher acetogener Bakterien. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-32282
Citation formatter >