Validierung zweier Eye-Tracking basierter Testverfahren zur Erfassung kognitiver Fähigkeiten bei der Amyotrophen Lateralsklerose

Erstveröffentlichung
2020-04-27Authors
Horn, Hannah
Referee
Lulé, DorothéeConnemann, Bernhard
Dissertation
Faculties
Medizinische FakultätInstitutions
UKU. Klinik für NeurologieUKU. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III
Abstract
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) verursacht als Multisystemerkrankung außer motorischen Symptomen unter anderem auch kognitive Defizite. Zur Erfassung dieser über ein möglichst großes Patientenspektrum, sind Testverfahren weitgehend unabhängig motorischer und sprachlicher Fähigkeiten nötig.
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Validierung zweier Testverfahren, welche durch Registrierung des Augenschlusses beziehungsweise der Augenbewegungen gesteuert und gelöst werden können. Die Coloured Progressive Matrices (CPM) und der D2-Test wurden zu diesem Zweck in eine Eye-Tracking basierte Version übertragen.
Die Leistungen von 48 an sporadischer ALS erkrankten PatientInnen und 32 gesunder Kontrollpersonen in den CPM, D2-Test und deren Eye-Tracking basierter Varianten wurden erhoben. Berechnungen zur Korrelation der beiden Testvarianten und zum Vergleich der Leistungen von gesunden Kontrollpersonen und ALS-PatientInnen wurden durchgeführt. Zur Erstellung eines kognitiven Profils der TeilnehmerInnen diente der Edinburgh Cognitive and Behavioural ALS Screen (ECAS). Eine Testbatterie der Videookulographie (VOG) erlaubte neben Hinweisen auf ein kognitives Defizit, eine Qualitätssicherung der Registrierung der Augenbewegungen und einen Ausschluss relevanter Erkrankungen der Okulomotorik. Mit Hilfe eines Mediansplits der Leistungen in den Eye-Tracking basierten Testverfahren bezüglich der medianen Leistung im ECAS, konnte überprüft werden, ob kognitive Leistungsunterschiede innerhalb des Patientenkollektivs diskriminiert werden konnten. Mit Korrelationsberechnungen zu den Ergebnissen im ECAS und spezifischen Aufgaben der VOG gelang zudem die Untersuchung, inwieweit die Eye-Tracking basierten Varianten die kognitiven Leistungen im ECAS und der VOG abbilden. Die Sensitivität und Sensibilität konnten jeweils mit dem ECAS als Standardwerk berechnet werden.
Um Störfaktoren auszuschließen wurden die beiden Studienkollektive auf Unterschiede in den demografischen Parametern Lebensalter, Bildungsjahre und Geschlecht geprüft. Bei Vorliegen mehrerer nicht normalverteilter Datensätze, wurden die Vergleiche mittels nicht parametrischer Tests vollzogen. Weiterhin wurde der Einfluss des ALS-Phänotyps und der körperlichen Einschränkung auf alle Testverfahren und der von Alter, Bildung und Geschlecht auf die Testvarianten der CPM und des D2-Tests eingeschätzt.
Die Ergebnisse in der Eye-Tracking basierten CPM (CPMET) zeigen eine signifikante Korrelation zu denen in den CPM und eine gelungene Diskriminierung der kognitiven Leistung sowohl innerhalb des Patientenkollektivs, als auch zwischen gesunden Kontrollpersonen und den ALS-PatientInnen. ALS-PatientInnen mit geringer Leistung im ECAS oder in der VOG, schnitten auch in den Aufgaben der CPM-Varianten schlechter ab.
Die Eye-Tracking basierte Variante des D2-Tests (D2-TestET) zeigt bei der gesunden Kontrollkohorte und dem gesamten Studienkollektiv, nicht aber bei den ALS-PatientInnen eine signifikante Korrelation zum D2-Test. Zwischen den beiden Studienkollektiven erwies sich in beiden Testvarianten kein signifikanter Leistungsunterschied. Weiterhin zeigen sich im Hinblick auf den D2-TestET eine Korrelation zu den Leistungen im ECAS und den Aufgaben der VOG, nicht jedoch im Hinblick auf den D2-Test.
Nach erfolgreicher Validierung der CPMET, können mit Hilfe des Testverfahrens PatientInnen mit fortgeschrittenen motorischen und sprachlichen Defiziten, auf kognitive Auffälligkeiten hin untersucht werden. Die Berechnungen zum D2-TestET lassen eher vermuten, dass diese Version ein zum D2-Test differierendes Leistungsspektrum abfragt. So gelang es mit der neu erstellten Variante im Gegensatz zur etablierten schriftlichen, kognitive Auffälligkeiten in einem Teil der ALS-PatientInnen festzustellen. Somit hat vermutlich auch der D2-TestET das Potential für ein kurzes Screeningverfahren.
Mit dem zukünftigen Einsatz Eye-Tracking basierter Testverfahren kann ein umfassendes Verständnis des Verlaufs und der Verteilung kognitiver Defizite bei der ALS erlangt werden. Diese Erkenntnisse tragen zum Krankheitsverständnis bei und neue Therapiemöglichkeiten können entwickelt werden. Weiterhin können Zusammenhänge zwischen kognitiven Defiziten, depressiven Symptomen, der Lebensqualität und deren Einfluss auf die Entscheidungsfähigkeit verstanden werden.
Die vorliegende Studie war eine der ersten, welche die Umsetzung von Testverfahren in Eye-Tracking basierte Testversionen untersucht. Vergleichbare Studien mit CPM und D2-Test existieren nicht.
Die vorwiegende Limitation der Studie stellt die geringe Fallzahl dar, was die Allgemeingültigkeit der Aussagen einschränkt. Die unterschiedlichen Erhebungszeiträume des ECAS sollten bei standardisierter Anwendung des Testverfahrens keinen großen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben.
Date created
2018
Subject headings
[GND]: Myatrophische Lateralsklerose | Augenfolgebewegung[MeSH]: Amyotrophic lateral sclerosis
[Free subject headings]: Amyotrophe Lateralsklerose | Eye-Tracking basierte Testverfahren | Kognitive Defizite bei der Amyotrophen Lateralsklerose | Eye-Tracking
[DDC subject group]: DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-30088
Horn, Hannah (2020): Validierung zweier Eye-Tracking basierter Testverfahren zur Erfassung kognitiver Fähigkeiten bei der Amyotrophen Lateralsklerose. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-30088
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