Die Repräsentation von Vorgangsbegriffen im auditiven und motorischen System : Flexibilität und Aufgabenabhängigkeit

Erstveröffentlichung
2020-03-25Authors
Popp, Margot
Referee
Kiefer, MarkusHuckauf, Anke
Dissertation
Faculties
Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Informatik und PsychologieInstitutions
UKU. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie IIIInstitut für Psychologie und Pädagogik
Abstract
Die funktionale und neuroanatomische Organisation von begrifflichem Wissen ist Thema einer aktuellen kontroversen Debatte in der Kognitionspsychologie und der kognitiven Neurowissenschaft. Eine Dimension der Organisation von begrifflichem Wissen bezieht sich auf die Unterscheidung zwischen einem amodalen versus modalitätsspezifischen Repräsentationsformat. In klassischen amodalen Theorien wird angenommen, dass Begriffe abstrakt, d.h. funktional und neuroanatomisch separiert, von den sensorischen und motorischen Systemen repräsentiert werden. Im Gegensatz hierzu wird in neueren Grounded Cognition Ansätzen vorgeschlagen, dass Begriffe wesentlich in den sensorischen und motorischen Systemen verankert sind. Für Nomen (z.B. „Hupe“ oder „Hammer“) konnte die Bedeutung auditiver und motorischer Systeme bei der Bedeutungsverarbeitung bereits nachgewiesen werden. Eine zweite Dimension der Organisation von begrifflichem Wissen bezieht sich auf die angenommene situative Stabilität versus Flexibilität von Begriffen. Während ursprünglich begriffliche Stabilität angenommen wurde, schlagen neuere Ansätze vor, dass Begriffe flexibel in Abhängigkeit von Aufgabe und Kontext aktiviert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob die Verarbeitung der Bedeutung von Verben mit dem Merkmalsschwerpunkt Akustik oder Handlung (z.B. „rauschen“ oder „werfen“) in den sensorischen und motorischen Systemen verankert ist und flexibel in Abhängigkeit von Kontext oder Aufgabentyp erfolgt. In den ersten beiden Studien wurde die funktionelle Neuroanatomie der begrifflichen Verarbeitung geräusch- und handlungsbezogener Verben mittels funktioneller Magnetresonanztomographie bestimmt und untersucht, ob die Verarbeitung dieser Verben durch Kontext oder Aufgabentyp moduliert wird. Darauf aufbauend wurden in zwei weiteren Studien, in denen die elektrische Hirnaktivität mit dem Elektroenzephalogramm gemessen wurde, der Zeitverlauf der Gehirnaktivierung während der Begriffsverarbeitung und deren Kontextabhängigkeit bestimmt. In einer Verhaltensstudie wurde schließlich mit einem Interferenzparadigma der funktionale Zusammenhang zwischen Sensomotorik und konzeptuellem Wissen überprüft. Die Ergebnisse der Studien deuten darauf hin, dass, ähnlich zu früheren Befunden zu Nomen, die Bedeutung von Verben in Abhängigkeit ihres Bezugs zu Geräuschen und Handlung verarbeitet wird. Die Aktivierungen befanden sich überwiegend nur in der Nähe aber nicht direkt in den Arealen, die auch durch Geräuschwahrnehmung und Handlung rekrutiert wurden. Der Zugriff auf diese Areale erfolgt flexibel, das heißt abhängig von dem jeweiligen Kontext und der Aufgabenanforderung. Die Befunde falsifizieren damit starke Varianten der Grounded Cognition Theorien, die eine Identität von begrifflicher Verarbeitung und Sensomotorik annehmen. Die Studien deuten aber im Einklang mit schwächeren Varianten der Grounded Cognition Theorien darauf hin, dass die Bedeutung von geräusch- und handlungsbezogenen Verben in höheren modalitätsspezifischen und angrenzenden multimodalen Arealen flexibel in Abhängigkeit des Kontextes verarbeitet wird. Die Prozesse in diesen modalen und multimodalen neuronalen Schaltkreisen werden wahrscheinlich von heteromodalen semantischen Hub-Regionen ergänzt, die semantische Integrationsprozesse abhängig vom Merkmalstyp unterstützen.
Date created
2019
Subject headings
[GND]: Embodiment | Funktionelle Kernspintomografie[LCSH]: Evoked potentials (Electrophysiology)
[MeSH]: Magnetic resonance imaging
[Free subject headings]: Grounded Cognition | Sprache | Ereigniskorrelierte Potentiale | fMRT | Kontextuelle Flexibilität | Handlungsbezogene Konzepte | Geräuschbezogene Konzepte
[DDC subject group]: DDC 150 / Psychology | DDC 610 / Medicine & health
Metadata
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Please use this identifier to cite or link to this item: http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-27042
Popp, Margot (2020): Die Repräsentation von Vorgangsbegriffen im auditiven und motorischen System : Flexibilität und Aufgabenabhängigkeit. Open Access Repositorium der Universität Ulm und Technischen Hochschule Ulm. Dissertation. http://dx.doi.org/10.18725/OPARU-27042
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